Gestern war ich seit langem mal wieder in Frankfurt am Main um meinen algerischen Pass zu beantragen. Ich habe vor demnächst nach Algerien zu reisen. Das ist das Land, woher mein Vater stammt. Ich fand das erst etwas merkwürdig, da ich hier geboren bin und außer meinem Vater nie wirklich viel mit Arabern zu tun hatte. Ich war als Kind ein einziges Mal in Algerien und dann nie wieder. Damals war ich total begeistert, obwohl oder gerade weil dort alles ganz anders ist, als hier.
Als ich das Konsulat betrat, kam ich mir schon etwas komisch vor. Ich wollte nen algerischen Pass, obwohl ich weder arabisch noch französisch spreche. Die Angestellten waren total freundlich. Man merkte direkt, dass es keine deutsche Behörde war, weil alles sehr locker zuging. In dem ersten Büro in das ich geschickt wurde, saß ein Angestellter, der mir zur Begrüßung erst mal nen Kaugummi anbot. Ich fand das total nett, aber lehnte ab. Er arbeitete gewissenhaft und locker zugleich. Ich sollte 2€ für ein Dokument bezahlen. Als ich mit nem 50€ Schein zahlen wollte, schüttelte er nur den Kopf. Ich suchte also nach Kleingeld. Aber ich hatte nur einen Euro dabei und ein paar Cent. Ich hatte schon Angst, dass ich nochmal losziehen muss, um zu wechseln. Doch der Beamte zückte direkt sein Portmonee, mit den Worten:“das leihe ich dir“. Ich war schon etwas verwundert, dass er mich dutzte. Aber das ist genau das, was ich mag.🙂
Danach musste in ein anderes Büro, ein Stockwerk drüber. Die Frau, die in dem Büro saß, war auch freundlich und zuvorkommend, auch wenn sie nicht so locker war, wie die anderen Angestellten. Sie ging die Papiere mit mir durch. Dann fragte sie mich, wie man meinen Nachnamen auf arabisch schreiben würde und erklärte mir, dass es da verschiedene Schreibweisen gibt. Und es wäre sehr wichtig, da der Pass sonst ungültig ist und man das nicht mehr so einfach ändern könne. Also musste ich wieder in ein anderes Büro, wo sie die Akte meines Vaters raussuchen mussten, um den Namen auch wirklich genau übersetzen zu können. Ich hätte nicht gedacht, dass das so ein Akt ist, aber diese Bürokratie ist anscheinend wichtig.
Nachdem ich ein paar weitere Male herumgeschickt wurde, kam ich in ein Büro, indem ein etwas älterer Mann saß. Er sah etwas ernst aus und sagte anfangs nichts. Ich hatte das Gefühl, dass er darauf wartete, dass ich ihm sage, was mein Anliegen ist. Darum meinte ich direkt, dass ich nicht arabisch sprechen kann. Doch dann lachte er plötzlich und meinte:“Wir sind ja hier auch in Deutschland, da sprechen wir deutsch“! Dann fragte er mich nach meinem Anliegen. Ich sagte, ich hätte gerne einen arabischen Pass. Daraufhin erwiderte er, den würde ich nicht von ihm bekommen. Wir sind doch hier nicht in Saudi Arabien. Hier kann man nur einen algerischen Pass beantragen. Ich meinte direkt:“den meine ich doch“! Es war ein hochrangiger General, der da das sagen hatte und war trotzdem so lustig und locker drauf. Damit hatte ich nicht gerechnet. Als ich angegeben habe, dass ich ledig bin, dachte ich schon, er könnte eventuell komisch darauf reagieren, da eine arabische Frau eigentlich verheiratet sein sollte, wenn sie ein Kind hat. Aber er meinte direkt :“Puh, Glück gehabt“, „sehr vernünftig“ und stieß einen Seufzer aus. Wir machten ständig nur Blödsinn und dann stellte sich sogar heraus, dass er sich meinen Papa noch kennt, obwohl da ständig so viele Leute ein und aus gehen. Aber wahrscheinlich hatte er einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Er erkundigte sich, wie es meinem Papa geht und fragte sogar, ob ich ihm ein aktuelles Foto von ihm zeigen kann. Alles war so familiär und locker, wie ich es nur von Südländern kenne.
Sogar Fingerabdrücke wurden genommen. 😳
Ich hatte biometrische Passbilder mitgebracht, die ich kurz vorher, professionell wie immer, in einer Fotokabine am Bahnhof gemacht hatte. Aber es mussten nochmal zusätzlich welche geschossen werden. Fünf Bilder für einen einzigen Ausweis ist schon krass!
Als wir dann fertig waren, fragte mich der Herr General, ob ich mir noch was zu trinken mitnehmen möchte. Ich überlegte, weil ich ja nicht unverschämt sein wollte. Aber die zwei Flaschen Wasser, die ich dabei hatte, waren schon leer. Also gab er mir eine von sich mit auf den Weg.
Ich bin immer noch voll geflasht, von diesen netten Bürokraten. Ich hätte nie gedacht, dass ich so 💜lich aufgenommen werde.
So macht das alles echt Spaß und ich freu mich wahnsinnig auf meine zweite Heimat.🍀
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